Digitale Brücke nach Russland

Anke Hillebrecht
Taunus Zeitung vom 10.04.2021, Seite 10

BAD HOMBURG/PETERHOF – Sprachkurse laufen auch online gut – Kein Lockdown in Peterhof

Nach einem Jahr Lockdown haben sich Deutschland und Russland entfremdet; nicht zuletzt wegen der Verhaftung des Regierungskritikers Nawalnyi ist Russland für viele Europäer wieder zum Feindbild geworden. Hoffnung gibt’s aber im Kleinen: Der Partnerschaftsverein „Deutsch-Russische Brücke„, der seit den 1990er Jahren Beziehungen zur Partnerstadt Peterhof pflegt, hat die Kontakte nicht abbrechen lassen, wie dessen Ehrenvorsitzende Irina Gerybadze-Haesen mitteilt. Auch wenn es schwieriger geworden ist. Die Reisen nach Peterhof mussten für 2020 und 2021 abgesagt werden. „Wir haben Wege gefunden, um uns nicht ganz aus den Augen zu verlieren“, so Schriftführer Harald Schmitt.
Wenn man sich schon nicht physisch treffen kann, so können zumindest die Sprachkurse weiter stattfinden – online. „Die Menschen in Peterhof sind eigentlich gar nicht so anders und fremd“, weiß man bei der Homburger „Brücke“. Und mit der sprachlichen Verständigung gehe auch das Verstehen einher. Seit 1996 gab es jedes Jahr eine 14-tägige Sommerakademie in Peterhof, an der schon zahlreiche Homburger teilgenommen haben. Sie wurde nach 2020 auch für diesen Sommer abgesagt.
„Wir haben daher ausprobiert, ob wir die Sprachkurse online durchführen können“, erklärt Schmitt. „Und es klappt gut.“ Die „akademiki“, wie die russischen Schüler und Schülerinnen liebevoll genannt werden, seien größtenteils auch bei den Online-Kursen geblieben. „Zusätzlich haben wir weitere Teilnehmer und Teilnehmerinnen gewinnen können, die an einem Präsenzunterricht nicht teilnehmen konnten. Das fühlt sich an wie ein Neustart.“ Und die Deutschen büffeln ebenfalls online Russisch mit einer Lehrerin aus Peterhof.

Museen offen, aber alle tragen Maske

Auf Anregung des russischen Partnervereins „Petergofskje dialogi“ treffen sich Interessierte digital. „Unsere russischen Freunde haben großes Interesse am Leben in Deutschland.“ Diese Kommunikation findet in Tandems statt: Russische und deutsche Teilnehmende führen einmal pro Woche Gespräche zu diversen Themen. Eine halbe Stunde auf Deutsch, eine halbe Stunde auf Russisch. Mal geht es ums Einkaufen, mal um die beginnende Gartensaison. Diese „Zoom“-Tandems sind kostenlos. „Die Atmosphäre ist locker, ohne Druck.“ Auch Anfänger sind willkommen. Infos auf https://peterhof-dialogi.ru/de/online-treffen-tandem .
Und wie lebt es sich derzeit in Russland während der Pandemie? „In Peterhof gibt es keinen Lockdown“, berichtet die Vorsitzende von „Petergofskie dialogi„, Natascha Myschakowa. Veranstaltungen mit über 70 Personen müssen genehmigt werden, ansonsten haben alle Einrichtungen geöffnet. An öffentlichen Orten müssen Masken getragen werden. Die Museen sind geöffnet, seit Ende Februar können sie von Gruppen bis zu 20 Personen besucht werden.
Auch in Peterhof haben alle wichtigen Museen während der Touristensaison geöffnet – auch wenn Besucher aus dem Ausland weitgehend fehlen dürften. Natascha Myschakowa wurde bereits zwei Mal geimpft – mit Sputnik V. „Nach dem zweiten Tag hatte ich Fieber“, berichtet sie. Ende März waren in St. Petersburg rund 8 Prozent der Bevölkerung geimpft. Das Leben sei fast wie vorher, findet sie – außer, dass überall Masken getragen würden. Diese machten auch Kriminellen das Leben leichter: Kürzlich wurde in ihre Wohnung eingebrochen. „Die Diebe trugen dunkle Kleidung und medizinische Masken.“

Scroll to Top